27. Januar – Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus

„Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“

Mit diesen Worten begründete Otto Wels (SPD) am 23. März 1933 das „Nein“ der Sozialdemokraten zum Ermächtigungsgesetzt, das einen Tag später verabschiedet werden sollte.
Von den 94 Sozialdemokraten, die geschlossen gegen dieses Gesetz stimmten, bezahlten 24 für diese ehrenwerte Haltung mit ihrem Leben.

Mit ihnen sollten durch das, was der AfD Ehrenvorsitzende Gauland einen „Vogelschiss in der deutschen Geschichte“ nannte, ca 65. Millionen Menschen im 2. Weltkrieg ihr Leben lassen, davon die Hälfte Zivilisten.

13 Millionen Opfer deutscher Massenverbrechen im Kriegsverlauf, darunter 6 Millionen Juden, 3 Millionen sowjetischer Kriegsgefangener und noch einmal so viele nichtjüdische Zivilisten.

All diese ausgelöschten Seelen sind alles andere als ein Vogelschiss in unserer Geschichte! Sie sind uns eine historische Verpflichtung, die wir nicht abstreifen können und wollen wie einen alten unliebsamen Mantel.

„Niemals mehr“, „Niemals wieder“ sind mehr als nur eine leere Worthülse! Sie sind uns Leitbild für ein Deutschland in dem wir leben wollen, für ein vereintes Europa und eine Welt gleich an freiheitlichen Rechten.

Das unsägliche Gift von - frei nach der AfD - Vogelkot, wirkt leider noch immer stark in unserer Republik.
Aus einer Partei von EU-Skeptikern ist eine Gefahr für unsere freiheitliche, liberale Demokratie geworden.

Es sind schon längst nicht mehr nur Protestwähler, die sich dieser neuen Rechten zugewendet haben, sondern Wähler, die schon lange nicht mehr durch die Parteien mitgenommen wurden.

Wähler, denen immer wieder für ihre Stimmen Versprechungen fernab von allen Realitäten und Möglichkeiten gemacht wurden und ohne den Hinweis, dass so manches in den Koalitionen vor Ort, im Kreis, im Land und Bund nicht umsetzbar ist.
Gemachte Politik wurde dem Souverän, dem Volk, nicht mehr nachvollziehbar erklärt.

Wir haben uns über Generationen eine Blase geschaffen, die bei der kleinsten Angelegenheit nach der Hilfe des Staates ruft, aber sich selbst nicht mehr fragt, was kann ich für die Gemeinschaft tun kann.

Zu einer gelebten Demokratie, gehört der gepflegte Streit um die besten Argumente. Er ist wie das Salz in der Suppe - mit zu wenig schmeckt sie fade, mit zu viel verdirbt sie. Beides ist Nährstoff für die Populisten.

Wr haben es geschafft die Berliner Mauer einzureißen, aber die ideologischen Mauern in unseren Köpfen niederzureißen, den Rechtspopulisten ihre Nahrung zu nehmen, fehlt uns der Mut.

Anfang der 70er Jahre war es Willy Brand, der richtigerweise dazu aufforderte mehr Demokratie zu wagen. Heute ist es an uns gemeinsam mehr Realität zu wagen, bevor das, was niemals mehr sein darf, uns wieder einholt.

Guido Westerwelle hatte gemahnt, dass der Entzug der Freiheitsrechte ein schleichender Prozess sei. Und ein Blick in unserer Nachbarländer in Polen (unter der PiS) und Ungarn gibt ihm Recht.

In Frankreich, Italien und den skandinavischen Ländern drängen rechtsnationale Parteien an die Macht oder sind bereits an ihr beteiligt.

Den Anfängen haben haben wir uns einmal mehr nicht wehren können. Das allein ist schon jetzt nicht entschuldbar. Dem „niemals mehr“ , dem niemals wieder“ sind wir umso mehr verpflichtet.

Wenn wir das nicht schaffen, dann wird die selbsternannte letzte Generation eben jene sein, die unsere jetzigen Freiheitsrechte kennen und schätzen lernen durfte.

In tiefer Trauer und im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus.

Für den 
FDP Stadtverband Neuwied
Jochen Müller
Vorsitzender